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Die Weingüter Bretz und Zwickelstorfer zu Gast bei Vinum Merum

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Wenig weiß ich von Frau Zwickelstorfer und Herrn Bretz, als ich Freitagabend 10.12.2010 in die Weinhandlung Vinum Merum in München Thalkirchen stürme. Beide kommen aus Österreich, das ist so ziemlich das einzige, was ich weiß. Außerdem hatte ich im Hause der Herren Elbert und Scherer bereits einmal auf ihre Empfehlung einen 2003 Roter Berg von Jörg Bretz gekauft und getrunken. Er war mir als merkwürdig im Sinne von denkwürdig in Erinnerung geblieben. Ich erwarte also Österreich und bin erstaunt, als breitestes Hessisch durch die elegant-gemütlichen Räume tönen höre.

Jörg Bretz

Ich probiere zunächst zwei Sekte. Der Carnuntum Premium Brut „Carnuntinum“ von Zwickelstorfer gekeltert aus Weißburgunder duftet und schmeckt dezent nach Gelb- und Weißfruchtigem. Die Säure ist zurückhaltend mild. Deutlicher in der Frucht (Birne, Melone, Aprikose) ist der (2006) Weißburgunder Premium Extra Brut von Bretz, dessen längeres Hefelager sich auch in der Komplexität am Gaumen widerspiegelt. Nach klassischer Methode bereitet, ist auch er erstaunlich säuremild. Lange Lagerzeiten sind Jörg Bretz´ Credo. Keiner seiner Weine, der momentan im Verkauf ist, weist einen Jahrgang jünger als 2006 auf.

Als nächstes koste ich einen 2009 Pinot Blanc Zwickelstorfer. Reifer Apfel und Melone bei dezent spürbarer Säure und ordentlicher Länge. Ein erfrischender, mundiger Wein. Es folgt ein 2006 Weißer Berg von Jörg Bretz. Und hier ist es wieder, das Bretz-Moment: Merkwürdigkeit! Ade Primärfrucht, hallo Tertiäraromatik: Reife Birnen, welkes Laub und Unaussprechliches drängen sich am Gaumen bei Fülle und schöner Länge. Der dürfte vieles, darunter feinste Flussfische und Fischterrinen exzellent begleiten.

Doris Zwickelstorfer

Jetzt dränge ich mich mal zu Frau Zwickelstorfer hin und wechsle zum Rotwein. Der 2009 Zweigelt aus der Basislinie hält, was man sich von einem Einstiegswein verspricht. Knackige Frucht (Kirsche, rote Paprika) bei leichtem Gerbstoff und schönem Druck. Trinken, Reden, Trinken, Essen, Trinken. Der 2007 Steingarten Zweigelt ist nun schon im Fass ausgebaut. Wie Frau Doris betont, in gebrauchten Fässern, um keinen zu deutlichen Holzton zu erzeugen. Trotzdem spüre ich den für meinen Geschmack zu stark, die Frucht versteckt sich ängstlich dahinter. Gerne hätte sie dennoch mehr Holzfässer im heimischen Betrieb und berichtet mit viel Charme von den Herausforderungen, welche die Übernahme des Betriebes vom Vater mit sich brachte. Die traditionellen Techniken (offene Maischegärung, Holzfässer, Spontangärung) ließen ihm bei den ersten Kellerbesuchen die Haare zu Berge stehen. Inzwischen steht auch er hinter den gleichermaßen traditionellen und naturnahen Methoden seiner Kinder.

Ich probiere nun den 2002 Blauburgunder von Bretz und seinen 2003 Roter Berg. Anders als beim Weißwein überzeugt mich die Weinphilosophie hier nicht in dem Maße. Immer ist zwar die Säure feinnervig, der Gerbstoff weich, ohne schlaff zu sein, und Druck und Länge stimmen, aber die Frucht ist mir doch zu reif und wenig differenziert. Als Spätburgunderfreund vermisse ich die Typizität der Rebsorte und falle hier natürlich genau in die Falle. Denn Jörg Bretz ist beinharter Verfechter des Terroirgedankens, auch wenn ihn diese Begriffe nicht interessieren. Aber anders als beim Cuvee Roter Berg steht beim Blauburgunder eben auch Blauburgunder drauf, insofern erwarte ich dann doch einen gewissen Wiedererkennungseffekt.

Gut gepflegt. Der Hohe Weg von Zwickelstorfer.

Als Abschluss kredenzt Frau Doris mir ihren 2004 Hoher Weg Zweigelt. Sie schwärmt von diesem Jahr, als einem der besten. Ein Barrique-ausgebauter Lagenwein aus Rebstöcken mit einem Mindestalter von 40 Jahren (manche noch viel älter) mit einem geringen Hektarertrag (4000kg/ha), bei dem eine Partie sogar fußgestampft wird. Dass solch sanfte Erziehungsmethoden einen derart aufrechten Charakter erbringen können, erfreut das Herz des Weinfreundes wie des Vaters: Würzige, frische, druckvolle Frucht (Kirsche, Waldbeeren) prägen das noch junge Antlitz des Hohen Weg. In seinem Gerbstoff liegt Kraft, seine Säure verleiht ihm Saftigkeit. In seinen besten Jahren, die noch vor ihm liegen, wird er den Vergleich mit anderen Weinen vermeintlich vornehmerer Provenienz in keiner Weise fürchten müssen. Dafür hat auch seine Mutter gesorgt. Danke Frau Doris!


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